Die Rolle der Störe im Flussökosystem: Vom Überleben der Dinosaurier bis zur Bedrohung durch die Menschheit

Der Stör ist ein luxuriöser Fisch, der seit über 200 Millionen Jahren in unseren Gewässern lebt und kaum Veränderungen erfahren hat. Deshalb werden diese Arten oft als „lebende Fossilien“ bezeichnet. Die Störe haben den Einschlag eines Asteroiden überstanden, der das Zeitalter der Dinosaurier beendete, und auch mehrere Eiszeiten überlebt. Dies wirft die dringende Frage auf: Wenn sie all dies überstehen konnten, werden sie auch nach dem Menschen bestehen bleiben?

Ein verblüffender Widerspruch

Dies führt uns zu einem bemerkenswerten Paradoxon in Bulgarien. Wie kann es sein, dass ein Land gleichzeitig weltweit führend in der Produktion eines der luxuriösesten Produkte ist und gleichzeitig die Heimat einer vom Aussterben bedrohten Art darstellt, von der dieses Produkt stammt?

Marktforschung und alarmierende Ergebnisse

Zwischen 2016 und 2020 führte der Weltverband für Natur (WWF) eine Marktforschung in Bulgarien, Rumänien, Serbien und der Ukraine durch. Sie sammelten 145 Proben von Fischfleisch und Kaviar aus Handelsnetzen, Restaurants und Geschäften. Die Ergebnisse der DNA- und Isotopenanalysen waren schockierend: Vier von 32 in bulgarischen Restaurants und Geschäften getesteten Proben stammten von wilden Stören, deren Fang seit Jahren vollständig verboten ist.

Dies verdeutlicht den tiefen Widerspruch, der das Schicksal der Störe in Bulgarien prägt. Während das Land stolz auf die Produktion von Zuchtkaviar ist und jährlich über 20 Tonnen exportiert – mit einem Marktpreis von über 1700 Euro pro Kilogramm – stehen die wildlebenden Bestände in der Donau am Rande des Aussterbens. Heute stuft der WWF sie als die am stärksten bedrohte Gruppe weltweit ein.

Die alarmierende Lage

Von den sechs Arten, die historisch in der Donau lebten, gelten bereits zwei als lokal ausgestorben – der Europäische Stör und der Schippe. Die verbleibenden vier – der Beluga, der russische Stör, der Schlammstör und der Chinook – sind laut der Roten Liste der IUCN als kritisch gefährdet eingestuft.

Ein gemeinsames Investigativprojekt von „24 часа“ in Zusammenarbeit mit Journalisten aus Rumänien und der Ukraine hat das Ausmaß des Problems in der Region über die letzten sechs Monate hinweg beleuchtet. Die gesammelten Daten sind wenig optimistisch, insbesondere hinsichtlich Bulgariens.

Fehlende Informationen und Monitoring

Das bulgarische Umweltministerium bestätigt die düstere Lage: Die deutsche Störart und der Schippe werden offiziell als in Bulgarien ausgestorben betrachtet. Für die verbleibenden vier Arten gibt es derzeit kein kontinuierliches nationales Monitoring – Daten werden nur sporadisch im Rahmen einzelner europäischer Projekte gesammelt.

Der untere Donauabschnitt, entlang der Grenze zwischen Bulgarien und Rumänien, ist der letzte Ort in der Europäischen Union, an dem sich noch wildlebende Störpopulationen fortpflanzen. Dies macht die Region entscheidend für das Überleben der ganzen Art in Europa.

Die Verwicklungen der illegalen Fischerei

Im Jahr 2020 wurde in Bulgarien ein Anstieg an beschlagnahmten Kormoranfellen registriert: 260 Stück innerhalb eines Jahres. Diese Kormorane sind lange Netze, die bis zu Hunderte Meter lang sind und mit großen, scharfen Haken ohne Lockstoff ausgestattet sind. Sobald sie auf dem Riverboden platziert werden, sind sie darauf ausgelegt, den Stör während dessen Schwimmens zu fangen.

Zwischen 2016 und 2023 beschlagnahmten bulgarische Behörden insgesamt 988 solcher Kormoranfelle mit einer Gesamtlänge von über 37 Kilometern. Zum Vergleich: In Rumänien wurden in demselben Zeitraum 63 Kormoranfelle beschlagnahmt, wobei 62 davon während einer einzigen Operation im Schwarzen Meer im Jahr 2023 konfisziert wurden.

Die Logik lässt vermuten, dass viele Kormorane auch viele Fänge bedeuten. Doch die erschreckende Wahrheit ist: In Bulgarien wurden in denselben acht Jahren nur drei Fälle von illegal gefangenen Stören dokumentiert – drei Fische. Im Gegensatz dazu wurden in Rumänien im gleichen Zeitraum 610 illegal gefangene Störe erfasst, wobei mindestens 4688 kg Fischfleisch und 58,8 kg Kaviar beschlagnahmt wurden.

Ein besorgniserregender Widerspruch

„Diese Diskrepanz erfordert eine gründliche Untersuchung“, schreibt der WWF in seinem Bericht von 2024. „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fischereiverbrecher ein hohes Risiko eingehen und erhebliche Kosten für das Einrichten von Kormoranfellen auf sich nehmen, ohne Einnahmen aus dem Fang zu erzielen, ist sehr gering.“ Unsere Anfragen beim bulgarischen Innenministerium bestätigten ebenfalls, dass bei diesem Paradox ihrer Meinung nach „viele Vorfälle nicht an die Ermittlungen weitergeleitet werden“.

Die Gefahren für das Überleben

In einem Antwortschreiben auf eine Informationsanfrage beschreibt das bulgarische Umweltministerium sechs Hauptbedrohungen für die Störe in Bulgarien. Die erste ist der illegale Fischfang. Das Ministerium räumt ein, dass der legale Fang seit Jahrzehnten nicht mehr existiert, aber für die illegale Fischerei gibt es keine Statistik.

Die zweite Bedrohung sind die Migrationsbarrieren – die Staudämme. Wenn Störe nicht zu ihren historischen Fortpflanzungsorten aufsteigen können, legen sie ihre Eier vor dem Damm ab, was zu einer „zwischenartenlichen Hybridisierung“ führt.

Die dritte Bedrohung ist die Verunreinigung. Schwere Metalle, Pestizide und Kohlenwasserstoffe, die sich im Körper der weiblichen Störe anreichern, können zu Organfunktionsstörungen führen.

Die vierte Bedrohung ist der Klimawandel. Temperaturen über 25 °C führen zu einer verringerten Überlebensrate junger Exemplare, wohingegen veränderte Wasserflussmuster und Sommerhitze massive negative Auswirkungen auf die Fortpflanzung haben.

Die fünfte Bedrohung ist der Effekt der kleinen Population. Wenn die Population extrem klein ist, können sich selbst unter den besten Bedingungen die Fische nicht effektiv vermehren.

Ein neuer Schlag für die Störe

Am 30. Juli 2024 gab das bulgarische National Electric Company bekannt, dass ein Projekt aus den 1980er Jahren zum Bau eines Wasserkraftwerks zwischen Nikopol und der rumänischen Stadt Turnu Măgurele von der Europäischen Kommission positiv bewertet wurde und in die Liste der grenzüberschreitenden Projekte der EU aufgenommen wurde.

Die Reaktionen von Natur- und Umweltschützern waren sofort und heftig. 38 internationale und europäische Organisationen, darunter WWF, erklärten das Projekt für gefährlich.

Fischer, die Dinosaurier retten

Am 15. Juli 2025, nur einen Tag nach dem Bekanntwerden des Korruptionsskandals, versammelte sich eine kleine Gruppe Menschen am Ufer der Donau bei Belene. Unter ihnen war Stojan Mihov vom WWF Bulgarien, der 6500 kleine russische Störe mit einem Gewicht von etwa 10-15 Zentimetern in Behältern mit nachgewiesenem donauspezifischen Ursprung freiließ.

Bisher hat der WWF Bulgarien über 90.000 kleine Störe in die Donau entlassen. Währenddessen wurde 2022 ein Schutzgebiet „Die Störe – Vetren“ im Flussabschnitt der Donau eingerichtet.

Zusammenfassend ist die Situation für die Störe in Bulgarien sowohl alarmierend als auch komplex. Die Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen, erfordern sofortige und gemeinsame Maßnahmen, um ihre Fortpflanzung und das Überleben dieser uralten Art zu schützen.

Cara McDonald
Cara McDonald

Ehemaliger Agenturtexter wurde Freiberufler. Ich schreibe hauptsächlich digitale Inhalte für Kunden aus verschiedenen Branchen, von Technologie über Gesundheitswesen bis hin zu Bildung.

Als Freiberufler ist es nicht nur mein Ziel, qualitativ hochwertige, markengerechte und ausgefeilte Inhalte zu erstellen. Das ist das Endergebnis, aber ich glaube, dass ein Großteil des Wertes, den ich meinen Kunden bringe, in meiner Fähigkeit liegt, mich schnell in ihre Marke, ihre internen Prozesse und ihre Teams einzuarbeiten. Ich bin ein anpassungsfähiger, schneller Lerner und bemühe mich, als echte Erweiterung der Teams meiner Kunden zu dienen, damit sie, wenn sie mir einen Auftrag schicken, darauf vertrauen, dass "Cara es hat."

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