Der Vampir-Tintenfisch ist eine Art von Kopffüßern, die in Tiefen von etwa 600 bis 900 Metern im Ozean lebt und im Englischen auch als „Vampire Squid“ bekannt ist. Forschende von der Shimane-Universität, der Wakayama-Nationaluniversität und der Universität Wien haben das vollständige Genom dieses als „lebendes Fossil“ bezeichneten Tintenfischs entschlüsselt, das wichtige Erkenntnisse über die Evolution von Tintenfischen und Kraken liefert.
Forschungsergebnisse und Methodik
Mit Hilfe von Proben, die von einem Forschungsschiff der Tokai-Universität, der „Hokuto“, im Suruga-Bucht zufällig gesammelt wurden, hat das Forschungsteam die gesamte Genomsequenz des Vampir-Tintenfischs mit DNA-Sequenzierungsgeräten des Nationalen Instituts für Genetik entschlüsselt. Die verwendete Probe ist im Rahmen dieser Studie abgebildet.
Die Ergebnisse der Genomanalyse ergaben, dass die Genomgröße des Vampir-Tintenfischs mit 11 bis 14 Gb (Gigabasen) weit über den bisherigen Annahmen liegt. Dies entspricht 110 bis 140 Milliarden Basenpaaren und ist etwa viermal so groß wie das menschliche Genom von 3 Gb, was das Genom des Vampir-Tintenfischs zu einem der größten unter den bisher analysierten Wirbellosen macht.
Vergleich mit anderen Kopffüßern
Im Vergleich zu anderen Kopffüßern hat der amerikanische Tintenfisch (Doryteuthis pealeii) ein Genom von 4,4 Gb, der hawaiianische Bobtail-Tintenfisch (Euprymna scolopes) 4,9 Gb, während der europäische Tintenfisch (common cuttlefish) mit 5,5 Gb vorher das größte bekannte Genom unter den Kopffüßern hatte. Das Genom von Kraken hingegen ist kleiner: Der Kalifornische Zwei-Punkt-Krake (Octopus bimaculoides) hat ein Genom von 2,2 Gb, der Mondkrake (Octopus sinensis) misst 2,6 Gb, und der Gemeine Krake (Octopus vulgaris) hat 2,7 Gb.
Das Genom des Vampir-Tintenfischs ist also im Vergleich zu anderen Tintenfischen und Kraken erheblich größer. Interessanterweise besteht etwa 62 % seines Genoms aus sich wiederholenden DNA-Elementen, was darauf hindeutet, dass die Genomgröße ohne die Hinzufügung neuer Codierungssequenzen zugenommen hat.
Evolutionäre Bedeutung
Das Forschungsteam hat das Genom des Vampir-Tintenfischs mit den Genomen anderer bisher entschlüsselter Kopffüßer verglichen. Es wurde festgestellt, dass der Vampir-Tintenfisch zwar acht Arme hat und somit den Tintenfischen zugeordnet werden kann, jedoch auch chromosomale Strukturen aufweist, die typischerweise bei Tintenfischen vorkommen.
Zusätzlich hat das Team das Genom des schalentragenden Kraken (Argonauta hians) entschlüsselt, was darauf hindeutet, dass die Vorfahren von Tintenfischen möglicherweise auch chromosomale Strukturen hatten, die Ähnlichkeiten mit denen von Tintenfischen aufweisen. Während sich bei anderen Kraken im Laufe der Evolution Chromosomenfusionen und -neuorganisationen vollzogen haben, deutet die Analyse darauf hin, dass beim Vampir-Tintenfisch die Chromosomenstrukturen weitgehend stabil blieben, auch wenn das Genom expandierte.
Schlussfolgerungen der Studie
Die Ergebnisse dieser Forschung stellen die klarste genetische Evidenz dar, dass der gemeinsame Vorfahre von Tintenfischen und Kraken eher Tintenfischen ähnelt, als bisher angenommen. Herr Toot von der Universität Wien, Mitautor des Artikels, erklärte, dass der Vampir-Tintenfisch zwar als Tintenfisch klassifiziert wird, jedoch genetisches Erbe beider Linien bewahrt, was es ermöglicht, die frühen Phasen der Evolution der Kopffüßer direkt zu beobachten.
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