Wer denkt, dass Eulen nur bei Dunkelheit lautlos durch die Wälder gleiten, hat nur die halbe Wahrheit im Blick. Tatsächlich verbringen diese faszinierenden Vögel ihre Nächte keineswegs ausschließlich mit der Jagd – und in manchen Regionen und Jahreszeiten sind sie auch am Tag aktiv. Klingt überraschend? Stimmt, denn das Bild der rein nachtaktiven Eule ist ein Mythos, den viele von uns schon seit Kindertagen verinnerlicht haben. Zeit, einen genaueren Blick auf das tatsächliche Verhalten dieser faszinierenden Tiere zu werfen.
Mythos Nachtjäger: Woher kommt er?
In Märchen, Filmen und auf unzähligen Kalenderfotos – Eulen werden fast immer als nächtliche Jäger dargestellt. Grund dafür sind ihre außergewöhnlichen Anpassungen an das Leben in der Dunkelheit: Die großen Augen, der lautlose Flug, das perfekte Gehör. Tatsächlich sind viele Arten, etwa der Waldkauz oder die Schleiereule, tatsächlich nachtaktiv. Aber: Die Eulen-Familie ist groß, und nicht alle halten sich an diese “Regeln”.

Tagaktive Eulen? Entgegen aller Erwartungen!
In Deutschland kennen viele die kleine Sperlingskauz, der überraschend oft tagsüber unterwegs ist – besonders im Winter, wenn die Nächte kürzer und die Jagdbedingungen härter werden. Auch die Sumpfohreule jagt bei Tageslicht, wenn es das Nahrungsangebot erfordert. Es gibt sogar Arten wie die Schnee-Eule, die im arktischen Sommer während des taghellen Tages auf Beutesuche geht – völlige Nachtjagd unmöglich.
Dass Eulen auch am Tag jagen, hat oft praktische Gründe:
- Im Frühsommer sind viele Jungtiere zu versorgen. Die Eltern müssen deutlich mehr Mäuse, Kleinvögel oder Insekten erbeuten und nutzen dafür jede Stunde.
- An besonders trüben, bewölkten Tagen sieht man sogar typischerweise nachtaktive Eulen schon am frühen Abend oder späten Nachmittag auf Jagdflug.
- In Gebieten mit wenig Konkurrenz ändern Eulen ihr Verhalten und passen ihre Aktivität dem Angebot an Nahrung an.
So erkennen Sie tagaktive Eulen – Tipps vom Feld
Viele halten die heimlichen Jäger für schwer zu entdecken, doch mit ein paar Tricks lassen sich Eulen sogar bei Tageslicht beobachten:
- Halten Sie in lichteren Waldgebieten oder auf offenen Feldern Ausschau nach auffallend ruhigen, senkrecht sitzenden Vögeln.
- Oft verraten sich Eulen durch ihren charakteristischen, kurzen Flug von Baum zu Baum.
- Wer genau hinhört, erkennt zur Balzzeit auch tagsüber leise Rufe oder das Klappern von Eulenschnäbeln.
Tipp: Immer ein Fernglas dabei haben! Eulen verhalten sich am Tag meist weniger scheu als nachts – perfekte Chancen für Beobachterinnen und Beobachter.

Was Sie aus der neuen Eulen-Perspektive mitnehmen können
Das Bild der nachtaktiven Eule ist natürlich nicht falsch – aber längst nicht die ganze Geschichte. Wer einmal das Glück hatte, eine Sumpfohreule am späten Nachmittag über ein Feld huschen zu sehen, wird diesen Anblick so schnell nicht vergessen. Für mich persönlich zählt so eine Beobachtung zu den Highlights meiner Naturerlebnisse in Deutschland – besonders, weil sie jedes gängige Klischee bricht.
Mein Rat: Probieren Sie es selbst aus! Planen Sie einen Spaziergang in der Dämmerung oder an trüben Tagen, halten Sie Ausschau abseits der Wanderwege und lassen Sie sich überraschen, wie vielfältig das Verhalten unserer Eulen tatsächlich ist. Schreiben Sie uns doch gerne in die Kommentare, wann und wo Sie zum letzten Mal eine Eule gesehen haben – bei Tag oder Nacht?









